Mein sehr geschätzter Kollege Gerfried Nagel (twitter: @GerfN) hat mich unlängst gefragt, wie mir dieses Buch gefallen hat. Nun ja. Schwierig zu sagen. Das Buch ist kein reines Eishockeybuch, sondern startet gleich mal auf den ersten Seiten mit einer Geschichte der Stadt Edmonton und der Provinz Alberta. Es geht um Öl, es geht um alle wirtschaftlichen Höhen und Tiefen in der Geschichte einer an sich nicht allzu bekannten oder aufregenden Stadt.
Und dann nähert sich Klinkenberg langsam dem Hauptprotagonisten dieses Buches. Natürlich nicht ohne dazwischen in aller Ausführlichkeit die Glory-Days rund um Wayne Gretzky und Mark Messier ausreichend zu würdigen. Auch Peter Pocklington und Glen Sather bleiben nicht unerwähnt.
Genauso werden die Eishallen einer genauen historischen Untersuchung unterzogen, ausgehend vom Edmonton Garden über das altehrwürdige Northlands-Coliseum (zuletzt Rexall Place) und schlussendlich die nagelneue Arena, Rogers Place, in welche die Oilers ziemlich genau vor einem Jahr eingezogen sind. Untersuchung aber natürlich nicht im technischen Sinn, sondern mit den kleinen, liebenswürdigen Anekdoten rundherum. Wer kennt schon Con Stavropoulos, einen ausgewanderten Griechen, der jahrzehntelang das „Fireside Steak and Pizza“ gleich neben dem Coliseum besaß und dort in den 80er Jahren das eine oder andere Mal auch ein paar Spieler nach Heimspielen bis in die frühen Morgenstunden betreute?
So gibt es unzählige weitere, sehr persönliche, Geschichten, über Personen, die in irgendeinem Konnex zu den Oilers oder zur neuen Arena oder eben zu Connor McDavid stehen. Und dann natürlich Connor McDavid selbst. Seine Jugendzeit wird nicht nur sportlich, sondern auch familiär beleuchtet, seine damalige Gastfamilie vorgestellt und sein Werdegang mit jedem Detail skizziert – bis hin zum Draft 2015. Und statt der (wohl auch vom Autor erhofften) sensationellen Rookie-Saison 2015/16 hat der Protagonist nichts Besseres zu tun, als sich bereits am 3. November, also nach gerade einmal einem Monat NHL-Karriere, schwer zu verletzen und für ziemlich genau drei Monate auszufallen. Klinkenberg hat jeden einzelnen Schritt zurück genauestens beleuchtet, lässt die Eltern McDavids zu Wort kommen und feiert den Youngster umso mehr für seine dann doch noch sensationelle Rückkehr und eine Rookie-Saison, die er mit mehr als einem Punkt pro Match beschließt.
Umso unverständlicher ist es für den Autor – und für dieses Unverständnis wendet er mehrere Seiten auf – dass McDavid am Ende seiner ersten Saison die Calder Trophy für den Rookie oft the Year dem sechs Jahre älteren Russen, Artemi Panarin, überlassen muss. Aber ein wenig Subjektivität (und irgendwie hat Klinkenberg mit seinen Argumenten auch Recht) sei hier wohl gestattet.
Alles in allem ein wirklich lesenswertes Buch für Eishockeyfans. Oder halt Menschen, die sonst irgendetwas mit Edmonton zu tun haben. Ein wenig störend ist das inhaltliche Herumgehopse durch die verschiedenen Epochen. Man weiß zu Beginn eines Unterkapitels oft nicht, in welchem Jahrzehnt man sich nun gerade befindet. Aber auch daran gewöhnt man sich, schließlich handelt es sich ja um eine Rahmen-Geschichte, an deren Ende wohl nur eine Person stehen kann. Nämlich der Titelheld vom Cover, Connor McDavid.