Die Semifinal-Serie Salzburg gegen Linz steht 2:2, beide Teams konnten je einen Heimsieg erringen und Matthias Trattnig wurde seinem Ruf als einer der besten Interviewpartner wieder einmal gerecht. Seine angefressenen – und dadurch auch richtig ehrlichen – Worte bei Servus TV nach der Niederlage am Samstag in Linz, haben den Nagel wieder einmal auf den Kopf getroffen.
Greg Poss hat – ähnlich wie Claus Dalpiaz und ich auch schon während des Spiels kritisiert, dass ab Mitte des ersten Drittels ein hemmungsloses Angreifen der Salzburger – vor allem der Defender – zu einem wahren Konter-Chaos geführt hat und somit die bis zu diesem Zeitpunkt sogar eher in Bullen-Hand befindliche Partie (inklusive dem glücklichen 0:1) zugunsten der Black Wings gedreht hat. Ein Schock, von dem sich die immer noch coolen Salzburger (siehe Interview Dominique Heinrich) nicht mehr erholen konnten.
Spiel IV war Geschichte und die Salzburger Chance auf eine 3:1 Führung und „Sack-zu-Chance“ im heimischen Volksgarten am heutigen Ostermontag war dahin.
Jetzt haben mich mehrere Eishockeyinteressierte (unter anderem auch auf twitter @vicky_goon) darauf angesprochen, dass Trattnigs Wutrede nun so gar nicht mit meiner Einschätzung über Trattnig bei Facebook-Live („dem ist ohnehin alles wurscht“) zusammenpasst. Nun ja, das stimmt schon: Das Wort „Wurschtigkeit“, das ich in diesem Zusammenhang immer wieder verwende, um die Lockerheit von gewissen Personen/Teams in heiklen Phasen zu beschreiben, ist tatsächlich nicht ganz passend. Lasst es mich „Leichtigkeit“ nennen, dann trifft es wohl besser zu.
Matthias Trattnig oder Alexander Egger sind die Proto-Typen der Leichtigkeit. Sie sagen ehrlich, was sie meinen, weil sie bis dato aufgrund ihrer Stärke nie fürchten mussten, deshalb keinen Vertrag mehr zu erhalten oder sind sowieso in ihrer Karriere so weit fortgeschritten, dass es ihnen egal ist, was gewisse übersensible Manager oder sonstige Aufpasser, die die Cracks mittlerweile zur Seite gestellt kriegen, über sie denken.
Sie finden daher klare Worte und Trattnig hat es am Samstag besser zusammengefasst als Dalpiaz, Poss und Tomanek in deutlich längeren Rede-Zeiten. Sinngemäß meinte er: „Wir können nur dann unsere beste Leistung abrufen, wenn wir kurz vor dem KO stehen, weil erst dann alle bereit sind, auch defensiv zu arbeiten. Kaum gewinnen wir ein Spiel, in welchem wir aufgrund dieser Einstellung auch gut gespielt haben, glauben viele bei uns, sie können nun wieder einfach nach vor rennen, um zu scoren. Danke. Ende!“ Weg war er und ließ unseren Marc Brabant dann einfach mal so auf der Linzer Eisfläche zurück. Wir alle gehen davon aus, dass Tratte diese Worte dann auch eins zu eins in der Kabine auf die Mannschaft niederprasseln hat lassen.
Ich gebe @vicky_goon also Recht. Natürlich ist Trattnig (wie auch Egger oder Phil Lukas) so eine Niederlage nicht wurscht. Was ich gemeint hatte, war: Aber diese Typen zerbrechen nicht daran. Sie schöpfen eher mehr Kraft daraus, weil sie wissen: Es war nur ein Spiel. Und sie können es 48 Stunden später schon wieder besser machen. Verfolgt man die Medien – auch unsere eigene Berichterstattung – so geht’s ja dann doch immer um einen guten Titel, um eine gute Überschrift. So wie heute garantiert in allen Zeitungen im Osten Österreichs das „Horrorszenario des fast schon fixen Ausscheidens“ der Vienna Capitals gepredigt werden wird. Das gehört halt einfach dazu. Und die Caps stehen heute tatsächlich mit dem Rücken zur Wand. Genauso wissen aber die coolen Jungs in diesem Business, dass man nur einen Schritt nach dem anderen gehen kann. Und nicht mehr und nicht weniger zählt für alle vier Semifinalisten vor dem heutigen Spieltag V.
Linz-Coach Troy Ward hat in seinem viel kritisierten Interview bei der Kollegin von SKY, Lisa Insam, die Frage gestellt: „Wie isst man einen riesigen Elefanten?“ Antwort: „Immer ein kleines Stück nach dem anderen!“ Und genau das sind die Play-Offs, genau das sind die Best-of-Seven-Serien und genau das meinte ich mit Wurschtigkeit und korrigiere dieses Wort nun auf Leichtigkeit. Matthias Trattnig lebt diese Leichtigkeit und gepaart mit dem Selbstvertrauen all der Salzburger Meistertitel macht das ihn und seine Mannschaft auch seit über einem Jahrzehnt so stark.