Heute wäre Semifinale II. Ich schreibe lieber über Guido Friedrich.
Da war dieses Casting in Salzburg im August 2010 und da waren auch mehrere junge Männer und Frauen, die in einem kleinen laola1.tv-Auto angereist kamen. Alle sehr nett. Einer davon war Guido Friedrich. Man spricht übrigens das „u“ in Guido und sagt nicht „Giiido“, wie man es bei den meisten anderen Guidos macht.
Nun ja, das war es dann vorerst auch schon wieder. Den nächsten Kontakt hatten wir vermutlich bei irgendeiner laola1.tv-Übertragung, bei der wir gemeinsam eingeteilt waren. Aber genau weiß ich das gar nicht mehr.
Ich hörte Guido aber natürlich bei seinen Servus-Einsätzen bzw auch bei den Freitags-Spielen auf laola1.tv und war bereits schwer beeindruckt, welches Fachwissen und welche Energie dieser junge Bursche (und das war er auf den ersten Blick für mich) in seinen Kommentaren auslebte.
Er war die perfekte Ergänzung zu Superstar Basti Schwele und zu Sir Erich Weiss. Und auch Christopher Ryan sagte mir von Anfang an, dass Guido ein Rohdiamant sei, auf den er ganz große Stücke hielt.

Ich vermute mal, dass wir in den Playoffs 2011, als wir das Experiment Co-Kommentator starteten, erstmals gemeinsam gearbeitet haben. Und auch mit Guido begann die Freundschaft nicht im Studio oder im Kommentatoren-Kammerl, sondern im Auto. Wir diskutierten vom ersten bis zum letzten Kilometer. Egal wie weit wir fuhren. Und es waren die Gegensätze, die uns zusammenführten. Er jung, ich rund 15 Jahre älter. Er Rapidler, ich Austrianer, er extrem schlank, ich … naja.
In all diesen Gesprächen imponierte mir Guido. Er war trotz seiner Jugend keinesfalls auf den Mund gefallen, akzeptierte meine Meinung, versuchte dann aber – immer sachlich – dagegen zu argumentieren. Und das Spannende war, dass sich dieser Diskurs auch in unseren gemeinsamen Kommentaren fortsetzte.
Unzählige Male legte mir Guido den Elfer auf mit Fragen wie „Sascha, siehst Du das nicht auch so …?“. Und fast genau so oft antwortete ich mit „Nein, Guido, da bin ich anderer Meinung“ und schon hatten wir wieder eine spannende, oftmals dann auch mit gegenseitigen Neckereien gefüllte Diskussion.

Die ZuseherInnen goutierten das mit sehr positiven Kritiken. Auch Christopher Ryan gefiel unser Stil, der sich deutlich von den meisten anderen Kommentatoren abhob, bei denen meist Kuschel-Harmonie herrschte. Aber wir bekamen auch den Rat, es nicht zu übertreiben. Vor allem ich als „Älterer“ liefe hier sonst schnell Gefahr, als Oberlehrer abgestempelt zu werden. Und wer will schon der unsympathische Besserwisser sein? Also habe ich mich dann auch rechtzeitig immer wieder am Riemen gerissen. Es war ja bei der Heimfahrt noch genug Zeit, unseren Diskurs fortzuspinnen. Interessant ist aber, dass wir in all den Jahren und bei all den unterschiedlichen Auffassungen nie – ich betone „nie“ – gestritten haben oder bös aufeinander waren.
Legendär auch unser Auftritt in einer der ersten Konferenzen der SHN, als wir in einem Hinterzimmer im Salzburger Green Tower auf Barhockern vor einem kleinen Monitor sitzend das Viertelfinale Zagreb – Klagenfurt mitübertragen durften und es zur Massenschlägerei inkl Goalie-Fight Chiodo-Kristan kam. Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir lediglich das „Dritt-Spiel“ mit kurzen Einspielungen. Und dann kam es zum großen Eklat. Das Problem war nur, dass Guido und ich auch nicht viel mehr Infos hatten, da wir ja nur die Bilder des kroatischen Fernsehen sahen und anfangs erahnen mussten, wer grad wem eine betonierte. Jedenfalls ein unvergesslicher Abend, der es auch in die Hall-of-Fame der SHN Serie 10 Jahre Servus Hockey Night geschafft hat.

Oder die gemeinsamen Kommentare, als wir uns vor der Sendung auf ein paar völlig abstruse Begriffe einigten, die wir dann im Kommentar des Eishockeyspiels einbauen mussten. Ich war so schlecht dabei – und Guido war so gut.
Und jedes Mal, wenn er wieder einen überhaupt nicht zum Match passenden Begriff perfekt verpackt rausgehauen hatte, kam das gewinnende Lächeln zu mir rüber und der dazugehörige fist bump.
Vor wenigen Jahren wechselte Guido zu meinem Bedauern zu SKY, um dort die Anerkennung und auch Einsätze zu erhalten, die ihm bei ServusTV im Schatten von Basti Schwele verwehrt geblieben sind. Bei ServusTV war er stets das junge Talent, das von laola1.tv für Kommentare eingekauft wurde. Bei SKY wurde Guido als gestandener, reifer und routinierter Kommentator sowie auch Moderator engagiert und hatte daher auch gleich von Beginn an ein ganz anderes Standing. Seither führt er souverän durch die Eishockey-, aber auch durch die Fußballübertragungen. Und sehr oft leide ich beim Zusehen, wenn er seinem jeweiligen Experten einen Schmäh auflegt, ich zu Hause die passende goscherte Antwort parat hätte, sein Gegenüber aber mit einer aus meiner Sicht eher faden Replik kontert und die Luft dann kurz draußen ist.
Das ist schon spannend. Wie oft hat man das im Leben? Dass man mit jemandem so oft unterschiedlicher Auffassung ist und trotzdem einander aber so gut kennt, um immer zu wissen, was der andere gerade denkt.
Daher ist es wohl nicht überraschend, dass wir bis heute in regelmäßigem Kontakt geblieben sind. Wir diskutieren die jeweiligen Auftritte des Anderen, unterhalten uns aber vor allem über das Eishockey und die Weltlage im Allgemeinen. Am Telefon und auch immer wieder bei gemeinsamen Grill-Abenden. Und da spielt er dann seine nächste Stärke aus. Er respektiert andere Menschen. Er verliert sich nicht mit mir in einer Eishockey-Fachsimpelei, sondern bezieht auch meine kleine Tochter und meine Frau in unsere Gespräche mit ein. Erklärt Unklares, fragt nach und verhält sich wie ein Gentleman.
Das alles ist eine Frage des Stils. Und den hat Guido nicht nur in seinem äußeren Erscheinungsbild und Auftreten gefunden, sondern auch in seinen sonstigen Lebenszielen. Er setzt die richtigen Prioritäten.