Heute wäre Viertelfinale V.
Ich spreche lieber über Christopher Deeee Ryan.
Der Mann war Sportverrückten wie mir ein Begriff. Vor allem durch ORF-Übertragungen von American Football Spielen. Nun schrieb er mir mitten in der Nacht ein Mail. Ich ließ es mir nicht nehmen und antwortete im Gegenzug dafür sehr früh am Morgen, gleich nach dem Aufstehen. Er sollte sehen, dass auch ich ein workoholic bin.
Ein Freund hatte im August 2010 mein Mail an den Sportchef des neuen Senders, Servus TV, Christopher Ryan, weitergeleitet. In diesem Mail hatte ich dem Salzburger Sender nachdem dieser die Übertragungsrechte erhalten hatte, angeboten, in irgendeiner Form mitzuarbeiten, Insider-Infos zu liefern, wenn diese benötigt würden. Ich schrieb auch, dass ich einen Vollzeit-Job als Jurist ausübe, seit einem halben Jahr stolzer Vater einer kleinen Tochter bin und nebenbei noch als Trainer eines Wiener Eishockeyvereins tätig war. Zusammengefasst eigentlich gar keine Zeit habe, jedoch die Chance sah, bei Verbesserungen mein Fachwissen in irgendeiner Form einzubringen.
Das wohl unmotivierteste Motivationsschreiben, das man sich nur vorstellen kann.
Herrn Ryan dürften meine Worte trotzdem imponiert haben, wir vereinbarten kurzerhand einen Termin für ein Telefonat, welches dann statt der wohl angedachten 10-20 Minuten über eine Stunde dauerte. Wir waren schnell von „Sie“ auf „Du“ gewechselt und verstanden einander von Beginn an prächtig. Am Ende dieses Gesprächs schlug Christopher mir vor, ich solle doch, am kommenden Mittwoch nach Salzburg reisen, es gäbe ein Casting für Experten, da sie hier noch eher dünn besetzt wären. Ich wollte dem offensichtlich bei Hockey ahnungslosen Football-Kommentator klar machen, dass ich zwar sehr wohl mehrere Jahre als Profi gespielt habe, aber keinesfalls das Renomee eines Clausi Dalpiaz oder eines Herbert Hohenberger hatte. Mich kannten über fünf Jahre nach meinem Karriere-Ende selbst in der Wiener Halle nur mehr die wenigsten Fans.
Aber ich unterschätzte Christopher Ryan damals gewaltig. Wenn er von etwas überzeugt war, dann zog er das auch mit aller Konsequenz durch.
Meine Vergangenheit wäre ihm nicht so wichtig, ich solle einfach mal kommen. Also fuhr ich nach Salzburg. Ohne irgendeinen Plan. In der Hoffnung mich dort vor den Ex-Stars wie Dalpiaz, Kromp, Lanzinger, Hohenberger und wer sonst noch aller eingeladen war, nicht allzu sehr zu blamieren.
So nach dem Motto: Was will denn der unbedeutende Wicht da in unserer illustren Runde voller Ex-Nationalteam-Stars?
Wobei hier nicht unerwähnt bleiben soll, wie nett all die oben genannten Ex-Cracks im echten Leben sind!
Das Casting begann mit einer nachgestellten Studio-Szene. Werner Sejka hatte sich als Moderator und Field Reporter beworben und unter der Anleitung von Andi Gröbl mussten wir uns auf unseren Auftritt inhaltlich vorbereiten. Werner war damals recht angespannt. Doch dazu in einem späteren Blog.
Vor den Augen von Christopher und Andi gelang es Werner und mir einen so souveränen Auftritt hinzulegen, dass Andi bereits nach zwei oder drei Minuten (wir waren mit dem Skript nicht mal zur Hälfte durch) abbrach und meinte. Super, das passt. Das hätte ihm und Christopher sehr gut gefallen.
Die restliche Zeit in der Halle verbrachte ich damit, Claus Dalpiaz näher kennen zu lernen, der viel nervöser war als ich. Warum? Dazu gibt es in einem späteren Blog mehr.
Die Villacher Stars waren scheinbar erst am nächsten Tag eingeladen. Ich schüttelte noch einige Hände, lernte zwei junge Burschen namens Martin Pfanner und Guido Friedrich kennen, traf mich noch privat mit guten Freunden in Salzburg zum Essen und trat wieder die Heimreise an. Sechs Stunden Autofahrt für drei Minuten Aufnahmen. Rein vom Aufwand her fühlte ich mich bereits im Show-Business angekommen.
Christopher sagte mir einen baldigen Rückruf zu und ein oder zwei Wochen später erhielt ich im Hotelzimmer während eines Italien-Aufenthaltes den entscheidenden Anruf. Ich war dabei. Gary Venner, Claus Dalpiaz und ich würden als Experten starten. Das Finanzielle war schnell geregelt. Ich erhielt Vorschläge und sagte natürlich zu.
Während des ersten Jahres war Christopher selbst noch oft Leiter der Sendung. Somit jener Mann, den wir am Ohr haben und der uns die Anweisungen gibt, was als Nächstes kommt. Das war zwar eine harte Schule, weil jeder Fehler oft mehrmals nach der Übertragung aufgezeigt wurde. Es war aber ein lehrreiche Zeit, in der ich als völliger Medien-Rookie vor allem von eben Christopher so viel lernen durfte. ZB, dass man nie – gut gemeinte, aber doch martialische – Ausdrücke wie „Bombenstimmung“ verwenden soll. Schon gar nicht, wenn gerade in anderen Gebieten unserer Erde tatsächlich noch Menschen durch Kriege und Bomben getötet werden.
Christopher ist ein ungemein fürsorglicher und herzensguter Mensch, der aber in einer direkten Art Kritik üben kann, die schon nun ja – gewöhnungsbedürftig ist. Wenn man ihn aber kennt, weiß man, dass er so in die Arbeit vertieft ist, dass er die fachliche Kritik nie auf der emotionalen Ebene austrägt. Sprich, er kritisiert Dich zu irgendeinem Sendungs-Thema ausführlich, freut sich aber nach Beendigung der Besprechung total mit Dir privat zu plaudern und einen netten Abend zu verbringen. Als ob es die Vorwürfe davor gar nie gegeben hätte. Das ist in unserer „Kuschel-Kuschel-positives-Feedback-Welt“ ungewohnt, aber wenn man sich mal daran gewöhnt hat, ist es so richtig fein, davon zu profitieren.
Selbst als Christopher schon lange nicht mehr unser direkter Chef war und ich für eine Zeit auch als Kommentator eingesetzt wurde, kontaktierte ich ihn hin und wieder, um mir sein Feedback als erfahrener Kommentator zu meinen Auftritten zu holen. Es war jedes Mal schonungslos – und genau das hat mir geholfen.
Danke Christopher, dass Du an mich als Experten geglaubt hast, als noch nicht mal ich selbst das getan habe. Danke, dass Du all die Innovationen ausprobiert hast – ohne Angst auch daneben zu hauen. Wir hatten Cable Guys, wir hatten Kameras in den Kabinen, wir hatten Dreier-Konferenz-Schaltungen in den Playoffs, wir hatten Studio-Sendungen am Sonntag bzw am Freitag Abend, wir hatten so so viele coole Dinge. Die meisten davon haben wir und die Fans Dir zu verdanken. Thanx CDR!