Heute wäre Finale II – ich spreche lieber über Marc „Jule“ Brabant.
Es war der Trainingsauftakt in Salzburg 2003. Anfang August. Sommerliche Hochtemperaturen. Anreise am Vormittag mit übervollem Auto aus Wien. Ewig langer Stau in der Ignaz-Harrer-Straße, dann Bezug der Wohnung, die … naja … noch ein wenig zu bearbeiten war. Aber davon kann wohl fast jeder Spieler, der zu einem neuen Verein wechselt, ein Lied singen. Ich kam nach einem anstrengenden Tag – wie rund 10 andere neue Spieler auch – in die Eishalle, fand halbwegs schnell den Weg in die Kabine und begrüßte meine neuen Kollegen.
Ein paar wenige kannte ich noch als Gegenspieler. Viele waren mir völlig unbekannt, auch wenn ich mir den Kader und die Statistiken bestmöglich angesehen hatte. Und denen ging es wohl ähnlich wie mir. Manche kannten mich eventuell vom Namen her, andere als Gegenspieler und viele wussten mit mir vermutlich gar nichts anzufangen. Es gab aber auch eine vierte Begrüßungs-Option: Marc Brabant.
Marc kam mir damals entgegen und begrüßte mich, als ob wir schon seit Jahren gemeinsam gespielt hätten.
Er schuf sofort eine Vertrauens-Basis und wir plauderten drauf los. Über Eishockey, über Spieler, mit denen wir beide schon zusammengespielt hatten. Über unsere Frauen, die ebenfalls beide aus Klagenfurt kamen.
Und ich bedankte mich bei ihm. Wofür? Dafür, dass er meine Karriere im Jahr davor unfreiwillig angekurbelt hatte. Was war geschehen? Marc spielte für den HCI Innsbruck, ich für die Vienna Capitals. Als Center der vierten Reihe bekam ich damals sehr wenig Eiszeit. Wurde doch zumeist nur mit drei Linien gespielt.
Für mich war das Ganze auch ok, da ich mit 27 Jahren gerade mein Studium beendet hatte und eigentlich schon vor der Saison über ein Karriereende nachgedacht hatte, um mich der Juristerei zu widmen. Letzten Endes klang es aber doch verlockend noch ein Jahr bei dem neuen Verein in meiner Heimatstadt anzudocken.
Jedenfalls passierte dann beim Spiel in der Olympiahalle folgendes: Marc geriet im Innsbrucker Verteidigungsdrittel unter Druck und versuchte die Scheibe hoch aus der Zone zu befördern. Übersah dabei aber unseren kanadischen Ex-NHL-Center Dan Kesa (übrigens Onkel von NHL-Star Milan Lucic)
Die Scheibe traf Kesa, der damals ohne Halb-Visier spielte, voll im Gesicht und er musste nicht nur sofort das Eis verlassen, sondern danach sogar seine Karriere beenden. Was persönlich natürlich immer eine Tragödie ist. Denn Kesa war einer der wirklich netten Imports, ein richtig cooler Typ, der sich um alle im Team kümmerte und nicht nur mit den anderen Imports abhing.
Ich sah vorerst auch gar nicht meinen persönlichen Vorteil, denn ein verletzter Import wird normalerweise sofort durch einen anderen ersetzt.
In diesem Fall wurde aber nicht so schnell reagiert. Ich rutschte in die ersten beiden Linien (die dritte Reihe war mit Patrick Harand, Manuel Latusa und Peter Kniebügel gesetzt) und durfte gleich mal ein paar Scorer-Punkte erzielen, wodurch ein Umdenken stattfand. Statt eines neuen Centers wurde damals ein Import-Goalie verpflichtet. Ich kam ab diesem Zeitpunkt zu regelmäßigen Einsätzen und lieferte eine halbwegs passable Saison ab. Fand wieder richtig Spaß am Hockey und entschied mich, doch noch weiter zu spielen und eben nach Salzburg zu wechseln.

Zurück zu Marc. Wir freundeten uns schnell an und verstanden uns sowohl auf dem Eis (Center-Verteidiger) prächtig als auch abseits der Halle. Wir machten gemeinsam unserem Club-Chef Dr. Reinhard Ratschiller klar, dass mit dem damaligen Trainer Kim Perepeluk kein Weiterkommen mehr war und feierten nach der Übernahme durch Dieter Werfring und Kjell Lindqvist noch einen souveränen Titel in der Nationalliga (Sweep in allen drei Serien), um so den Aufstieg in die EBEL zu ermöglichen.
Marc war immer schon sehr umtriebig, so gründete er gemeinsam mit Christoph Brandner die Hockey Academy und lud mich Sommer für Sommer ein, in ihrem Trainer-Team mitzuarbeiten, was unabhängig von der tollen Arbeit mit den Kids auch zu einem alljährlichen Wiedersehen mit vielen Ex-Kollegen und Freunden führte. Marcs gesamte Familie war dabei, inklusive seinem Bruder Patrick, einem meiner meist geschätzten Flügelstürmer, oder auch Peter Dilsky, Michi Suttnig, die Ex-EBEL-Coaches Jukka Vienonen und Johan Strömwall und viele mehr.
Eine Woche pro Jahr, in der wir untertags die Arbeit mit den Youngsters genossen und abends in der Unterkunft über alte und neue Zeiten plauderten. Und da durfte natürlich an keinem Abend der von Peter Dilsky geprägte Fachausdruck des „fairen Crosschecks“ fehlen.
Bis heute hat es diese Wortprägung allerdings noch nicht in die offiziellen Regelbücher geschafft, obwohl ich mir oft, wenn wir ein Spiel kommentieren, denke, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, diese Form der Attacke auch dem Publikum näher zu bringen.
Dann kam das Jahr 2010, ich durfte bei der SHN starten und hörte, dass unser Chef Christopher Ryan noch auf der Suche nach einem Kärntner Experten neben dem Austro-Kanadier Gary Venner, dem Tiroler Claus Dalpiaz und meiner Wiener Wenigkeit war. Schließlich hatten wir ja sehr viele Kärntner ZuseherInnen, die natürlich auch einen „von senen“ präsentiert bekommen sollten. Ich durfte vermitteln und kurz darauf war Marc schon Mitglied unserer Crew. Und sollte es bis 2018 bleiben, zunächst als Experte, später als Field-Reporter und im Notfall auch immer wieder als Einspringer mit Comeback-Qualitäten.
Er war auch mein erster Co-Kommentator, als ich begann Spiele als Kommentator zu begleiten. Auf Marc war immer Verlass. Inhaltlich, aber vor allem auch menschlich.

So führte uns zynischerweise auch die letzte SHN in Linz wieder zusammen. Als Marc für den erkrankten Gert Prohaska einspringen sollte und es schlussendlich gerade mal für eine on-air-Umarmung von Martin Pfanner reichte, da genau an diesem Abend das vorzeitige Saisonende verkündet wurde.
Wobei eins ist gewiss. Marc und ich werden auch in Zukunft wieder irgendwann irgendwo aufeinandertreffen. Denn wir haben einfach so viele gemeinsame Berührungspunkte. Und das ist gut so!
