Nachdem sich die Ereignisse im österreichischen Eishockey-Sommer nicht gerade überstürzen, möchte ich die Gelegenheit für den Start dieser Seite nützen, um einen Ur-Alt-Blog auszugraben, mit dem ich im Jahr 2011 sehr viele unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen habe. Vor allem mit einigen Wiener Anhängern gab es nach Veröffentlichung des Blogs reichlich Gesprächsbedarf und habe ich mich diesen Gesprächen immer gerne gestellt.
Umso bemerkenswerter war, wie konsequent viele Wiener Fans letztes Jahr gegen die Vorgehensweise der Vienna Capitals (Streichung einiger Vergünstigungen für Fan-Club-Mitglieder) mit ihrem Boykott der Heimspiele vorgegangen sind. Jahre zuvor habe ich ihnen unterstellt, hier den Worten dann keine Taten folgen zu lassen.
Respekt für das Durchhaltevermögen gerade in einer sportlich so grandiosen Saison!
Nunmehr scheint es mit dem zusammenschweißenden Erfolg des Meistertitels im Hintergrund zu einer Lösung zwischen Club und Fans gekommen zu sein. Das ist auch begrüßenswert, denn schließlich steht und fällt der Erfolg des Produkts Eishockey mit vollen Hallen. Aber nun zurück in die Vergangenheit. Willkommen im Jahr 2011:
Schalker Fans eliminieren Felix Magath, Bayern-Fans sprechen sich gegen die Verpflichtung von Manuel Neuer aus, Rapid-Fans verzeihen Peter Pacult trotz sportlicher Erfolge nie so ganz, dass er kurz mal für den violetten Erzrivalen aus Favoriten gekickt hat. Und auch im österreichischen Eishockey kommen Fan-Kundgebungen gegen einzelne Spieler oder gegen die Vereinspolitik in ihrer Gesamtheit nach und nach in Mode. Internetforen und Social Media erleichtern es, die eigene Meinung zu präsentieren. Das ist auch ok. Meinungsfreiheit bedeutet Meinungsvielfalt. Niemandem soll verboten werden, seine Meinung zu äußern. Meinungsfreiheit bedeutet aber nicht nur das Recht, seine eigene Meinung beharrlich zu verteidigen, sondern auch die Meinung anderer zu respektieren. Und die „Anderen“ sind in meinem Blog die Vereinsverantwortlichen, die Präsidenten, die Manager, die sportlichen Leiter. Jene Personen, die auch die finanzielle Verantwortung für ihre Entscheidungen zu tragen haben.
Ein Verein ist keine Basis-Demokratie. Die Macht geht diesfalls nicht vom Volke aus. Ein Verein ist ein Wirtschaftsunternehmen und wird straff hierarchisch geführt.
Und die Letzt-Entscheidung trägt daher jene Person, die den ganzen Laden finanziert. In Salzburg Dietrich Mateschitz, in Wien Hans Schmid.
Wer selbst Entscheidungen im großen Rahmen treffen möchte, muss halt versuchen, seinen eigenen Verein in die EBEL zu bringen. Die Liga wird es ihm/ihr danken. Wer die nötigen Finanzen dazu jedoch nicht aufbringen kann, dem steht es zumindest frei, die Spiele seines Vereins nicht mehr zu besuchen oder sein Team einfach nicht mehr anzufeuern. Doch spätestens hier endet die „vox populi.“ Wenn Bayern-Fans einen Benimm-Katalog für einen neuen Goalie aufstellen, wenn ein Fanclub der Vienna Capitals sich bemüßigt fühlt, eine offizielle Stellungnahme zur Vorgehensweise bei der „Personalie Divis“ (welch grandiose Wortkreation zur Begrüßung des erfolgreichsten Wiener Eishockeyspielers der Geschichte) abzugeben, dann liebe Fans, nehmt Ihr Euch einfach ein wenig zu wichtig.
Vor allem seid Ihr nicht konsequent. Beispiel gefällig? Im letzten Jahr von Jim Boni als Head Coach habt Ihr angekündigt, nicht mehr zu kommen, sollte Boni nicht weiterverpflichtet werden, eine ähnliche Aktion gab es vergangene Saison, weil Kevin Gaudet zu wenig junge Spieler eingesetzt hat. Auch hier habt Ihr den Entzug Eurer Unterstützung angedroht. Passiert ist letzten Endes nie etwas und (zum Glück) habt Ihr – egal unter welchem Trainer – das Team in jedem Spiel perfekt unterstützt. Ihr habt Gerald Ressmann trotz zweier Engagements in Wien (WEV, später Caps) zwischendurch beschimpft und letzten Endes doch noch geliebt. Ähnlich mit Dieter Kalt, dem das Wiener Eishockey den einzigen Meistertitel in den letzten 50 Jahren zu verdanken hat. Derzeit ist er mal grad wieder unbeliebt. Cool in ganz Österreich den langjährigen Teamkapitän zu beschimpfen oder zu verhöhnen (Urin-Dieter), statt seine Karriere zu würdigen und dankbar zu sein, einem solch tollen Athleten noch ein paar Male beim Spielen zusehen zu dürfen, bevor er abtritt.
@ Caps Fans: Ich liebe Eure Begeisterung auf den Rängen, ich steh auf Eure Choreographien, ich bekomme die Gänsehaut, wenn Ihr Darcy Werenka zu Ehren die Nummer 24 zelebriert! Und Ihr habt auch mich persönlich schon zu EC Wien Zeiten als Fanclub Flyers immer sensationell unterstützt. Aber all das gibt Euch nicht das Recht, dem Verein vorzuschreiben, wen er verpflichten soll und wen nicht, mit wie vielen Linien ein Trainer spielen soll oder wieviele Imports eingekauft werden müssten. Seid Ihr mit Entscheidungen nicht einverstanden, dann macht das ruhig öffentlich, aber droht nicht regelmäßig Euren Boykott an, wenn Ihr beim nächsten Spiel ja doch wieder die Ersten in der Halle seid, um Euer Team anzufeuern.
In vier Worten: Unterstützung: Ja. Mitspracherecht: Nein. Klingt deftig und sicher nicht nett, ist aber so.
Überlegt nur, wie lange Ihr als Gruppe benötigt, um Euch intern auf gewisse Entscheidungen zu einigen. Im Sport fallen diese Entscheidungen ganz oben. Und das ist gut so. Für Demokratie ist da kein Platz!