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CLAUS DALPIAZ

Ostersonntag. Heute wäre Finale V. Ich spreche lieber über Claus Dalpiaz.

Dapiaz, Heiss, Prohaska, Tomanek (v re n li) 2019

Die ersten beiden persönlichen Eishockeyerinnerungen, die mir durch den Kopf schießen, wenn ich an Claus Dalpiaz denke, waren beide schmerzhaft. Aber gar nicht so für mich, sondern mehr für meine Mitspieler. Wir sprechen von den Jahren 2000 bis 2002. Als die Erste Bank Eishockey Liga noch Uniqa-Liga hieß. Wir sprechen von Kapfenberg gegen Innsbruck.

Einmal hat der gute Clausi meinem Freund und Mitspieler Arno Maier mit der Stockhand die Schneidezähne ausgeschlagen, genauer gesagt abgebrochen. Beide steckten danach noch fest im Zahnschutz.

Ein anderes Mal hat er auf den vor ihm stehenden David Schuller mit dem Schläger hingehauen, woraufhin dieser in seiner gewohnt flegmatischen Art mal in Ruhe überlegen wollte, ob er sich wehren sollte. Den Gedanken aber gar nicht erst beenden konnte, da er bereits von Clausis Innsbrucker Kollegen Peter Kasper und Heimo Lindner zu Boden gezogen und verdroschen wurde. Ich war dann der, der als vierter oben drauf sprang und versuchte, die beiden anderen von Dave Schuller wieder runter zu bekommen.

Nun ja, das Experiment scheiterte. Kasper und Lindner waren stärker und das sah dann weder für Dave Schuller noch für mich allzu gut aus. Irgendwann nahm die Rudelbildung ein Ende, nicht jedoch die damalige Rivalität zwischen meinem Team (Kapfenberg) und Clausis Team, dem HC Innsbruck.

Warum es gerade zwischen diesen beiden Teams regelmäßig funkte, kann ich bis heute nicht erklären. Keine örtliche Nähe wie bei KAC-VSV. Keine direkten Spielerwechsel zwischen den Teams. Keine dramatische gemeinsame Vergangenheit. Vielleicht noch am ehesten, weil wir in der ersten Saison auch in den Playoffs aufeinandertrafen. Damals wurde im Viertelfinale (das erste und sogleich letzte Mal) 1-5, 2-6, 3-7 und 4-8 gespielt. Wir hatten uns als Achter gerade noch in die Post-Season gerettet, während der HCI das ganze Jahr über super spielte und Platz Vier belegt hatte.

Es kam wie es kommen musste. Wir konnten uns als klarer Außenseiter in fünf Spielen (damals alles noch Best-of-Five) überraschend durchsetzen, gewannen das entscheidende Spiel in der Innsbrucker Olympia-Halle vor mehreren tausend Zusehern und wurden mit einem Halbfinal-Duell gegen den KAC belohnt. Für die hochgelobten Tiroler rund um ihren Stargoalie Dalpiaz gab es ein unerwartet frühes Ende.

Doch zurück zu Clausi. Wir hassten ihn, er war so ein mühsamer Gegenspieler.

Einerseits, weil er ein hervorragender Torhüter war (welcher Stürmer schätzt das denn schon), andererseits, weil er Dir immer auf den Sack ging. Warst Du auch nur in Torraumnähe, kam schon die Kelle, oder eben der Peter Kasper, der Jiri Hala oder ein anderer Tiroler Holzhacker. Gegen Innsbruck spielen war unlustig.

Aber keinem Schiri schien das aufzufallen. Alle mochten Clausi, er sah ja auch so nett aus, so spitzbübisch, immer freundlich. Das selbe erzählten die Jungs, die mit ihm im Nationalteam gespielt hatten. Oder mein Freund Reini Divis. Der lobte Dalpiaz ebenfalls aus gemeinsamen Feldkircher Zeiten als „leiwanden Haberer“. Auch Nicht Wiener wissen wohl, was damit gemeint ist. Für mich war aber klar.

Die müssen alle irren. Denn der Typ ist doch ein kleiner Psycho. Da kann er vorher noch so nett sein – und nachher auch wieder. Aber diese Auszucker? Der hat’s doch echt im Schüsserl. Wie kann man den bitte mögen?

Cut.

Unsere Karrieren endeten irgendwann. Meine früher. Die von Clausi etwas später im Sommer 2010. Unsere Wege kreuzten sich rund ein Jahrzehnt später erneut im Rahmen der Proben zur Servus Hockey Night. Was soll ich erzählen? Alle anderen, die gemeint hatten, der Clausi wäre ein super Typ, hatten Recht. Er ist es wirklich. Bodenständig, nett, immer hilfsbereit und ohne irgendwelche Star-Allüren. So durfte ich einen Menschen kennenlernen, mit dem es in den 10 Jahren der Servus Hockey Night nur positive Erlebnisse gab. Kein Streit, kein böses Wort. Nur gemütliches Plaudern und ganz viel Schmäh.

ABER: Eine Person bestätigte mir im Nachhinein, dass auch ich mit meiner ursprünglichen Einschätzung des Torhüters Dalpiaz nicht so daneben gelegen bin. Dass er ein echtes Häferl war, dem regelmäßig die Leitungen durchbrennen konnten.

Wer mir das bestätigte? Naja, Clausi selbst.

So viele Abende rund um Übertragungen sind wir zusammengesessen und hat Clausi Anekdoten aus seiner Karriere zum Besten gegeben, wo er wann wieder die Axt geschwungen hatte.

Einfach sensationell anzuhören. Denn eine der besten Eigenschaften an Clausi ist für mich seine Bescheiden-, ja nahezu Schüchternheit. Wenn er die Geschichten fast entschuldigend erzählt, wem er wann – berechtigt oder auch nicht – eine verpasst hat. Welchen Schiri er verfolgt oder verbal gequält hat. Das Ganze garniert mit seinem verschmitzten Tiroler Lächeln. Man muss Clausi einfach mögen.

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Dalpiaz, Pfanner, Tomanek in Salzburg 2018 (vo re n li)

Ähnlich sieht es zB auch mein Schwiegeronkel Bruno, ein in Wien lebender Kärntner KAC und Eishockey-Fan: „Ich find den Dalpiaz so nett! Auch meinen Freund taugt er!“ Das hat unser damaliger Chef, Christopher Ryan, ebenfalls bald erkannt. Ja, Clausi hat seine Schwächen bei den technischen Geräten in den Pausenanalysen. Ja, Clausi ist nicht der Erfinder des Regelbuches. Und ja, Clausi ist manchmal als Co-Kommentator bei den Zeitlupen in seinen Ausführungen zu ausschweifend, sprich zu lang. Alles berechtigte Kritik.

Jedoch: Er ist Claus Dalpiaz. Er ist ein Mensch mit einer ungeheuren positiven und freundlichen Ausstrahlung.

Er ist so was von ehrlich. Er ist so was von lustig, wenn er sich über seine eigenen Schwächen amüsiert und das spüren auch die Fans hinter den Bildschirmen. Bei diversen Umfragen hat er immer gut abgeschnitten, weil er so authentisch ist. Clausi mag man eben. Klausi ist Cult! Oder besser: Clausi ist Kult! Und so waren wir in der SHN das perfekte Experten-Quartett.

Clausi, der in Andi Goldberger Manier zum Liebling aller Schwiegermütter avancierte, Gary Venner, der crazy Austrokanadier mit den flotten englischen Sprüchen. Marc Brabant, der auf jede noch so schwierige Frage mit einer Statistik antworten konnte. Dazu noch meine Wenigkeit, als Analysator mit dem permanenten Drang, jede Szene dem Publikum detailliert aufzuschlüsseln und wenn nötig auch meinen KollegInnen zu widersprechen.

Ich denke, dass diese Durchmsichung mit ein Grund war, warum die SHN im Jahr 2010 gleich so gut aus den Startlöchern gekommen ist. Kein Einheitsbrei, sondern eine Fülle von so unterschiedlichen Charakteren.

Die Servus Crew vor dem Freiluftspektakel in Klagenfurt 2015

Man konnte sich Woche für Woche auf andere Typen freuen und mittendrin war Clausi Dalpiaz. Und wenn Clausi diesen Blog heute liest, wird er am Ende mit dem Kopf nicken und in bestem Tirolerisch bestätigen: „Ja. Absolut!“

Gemeinsamer Kommentar im November 2014

Es haben mich bereits kurz nach Veröffentlichung des Blogs Reaktionen von zwei direkt Betroffenen erreicht, die ich den geschätzten LeserInnen natürlich nicht vorenthalten möchte. Auch deshalb, weil ich eventuell bei der Sachverhaltsdarstellung nicht zu 100% genau war:

Zuerst von Claus D. (vollständiger Name der Redaktion bekannt):

Und nachmittags kam auch noch ein whatsapp von Arno M. (vollständiger Name der Redaktion ebenfalls bekannt):

Nun ja, ohne Video-Beweis wird auch DOPS nicht mehr aktiv werden können.