Heute wäre Semifinale VI – ich spreche lieber über Basti Schwele.
Ich kannte seine Stimme und seinen Namen schon vor seinem Wechsel zur Servus Hockey Night. Er war für mich kritischen Zuseher einer der wenigen Kommentatoren, die es schafften, auch NHL-Eishockey in deutscher Sprache sehens- und vor allem hörenswert zu präsentieren.
In den ersten Monaten plauderten wir regelmüßig im Rahmen unserer Sendungen, hatten aber sonst keinerlei Kontakt. Das gemeinsame Reisen fiel schon aus geografischen Aspekten aus und zum gemeinsamen Kommentieren kam es erst in den Playoffs.
Wer einmal mit Basti über Eishockey gesprochen hat (nämlich egal über welche Liga dieses Erdballs), der schnallt ganz schnell, was für ein unglaubliches Wissen er doch angereichert und im passenden Moment abrufbereit hat.
Das ließ mich anfangs einem gemeinsamen Kommentieren eher skeptisch gegenüber stehen. Was sollte ich als Experte und ehemaliger EBEL-Profi neben dem Ex-DEL-Profi noch beitragen können?

Ich teilte meine Zweifel sowohl Christopher Ryan als auch Basti selbst mit. Beide reagierten aber super professionell und nahmen mir jegliche Skepsis. Beim Fernsehen geht es um die Show, um Unterhaltung und Basti würde mir schon meine Szenen lassen. Und tatsächlich.
Ab der Sekunde, ab der wir erstmals onair waren, trug Basti mich durch die Sendung. Stellte im richtigen Moment die richtigen Fragen, hatte auf meine goscherten Antworten immer einen Konter parat.
So saßen/standen der Bayer und der Wiener in den Komm-Kammerln der EBEL-Eishallen und agierten wie zwei Hockey-Nerds, die zu Hause bei ein paar Bier (ich Radler) auf der Couch saßen und sich parallel zu einem geilen Hockey-Match über eben dieses Spiel und sämtliche andere wichtigen oder unwichtigen Dinge des Lebens unterhielten.

Es machte uns Spaß und dieser Spaß kam auch beim Publikum an. Nun hält sich ja der Bekanntheitsgrad von Menschen, die Eishockey im Fernsehen präsentieren, im überschaubaren Rahmen.
Ich kann in Wien nach wie vor täglich stressfrei mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Arbeit fahren, ohne von anderen Öffi-BenützerInnen erkannt oder kreischenden bzw in Ohnmacht fallenden Teenies um Selfies gebeten zu werden.
Wobei Kärnten hier die für mich schöne Ausnahme ist, denn dort kommen tatsächlich regelmäßig Interessierte auch privat auf mich zu, um ein wenig über den KAC oder den VSV oder eben die SHN zu plaudern – oder auch mal, um ein gemeinsames Erinnerungsfoto zu schießen.
Zurück nach Wien: Die wenigen Male, die ich im vergangenen Jahrzehnt von Zusehern (bewusst nur männlich formuliert) auf unsere Übertragungen angesprochen worden bin, standen meist im Zusammenhang mit Basti Schwele: „Ihr Zwei ward gestern wieder so lustig“ oder „Ich finde ja Eure Sendung generell sehr gelungen und mag eigentlich alle Eure Leute – aber Du und der Basti seid schon nochmal eine eigene Liga.“

Selbst meine Eltern, die sich generell freuten, wenn sie mich im Rahmen der SHN sehen konnten, hatten im Laufe der Zeit eine Vorliebe für Basti entwickelt.
Und dabei muss man bedenken, dass bei Menschen in ihrem Alter eine gewisse grundgegebene Deutschland-Skepsis in solchen Momenten keinen Startvorteil für meinen Partner einbrachte.
So kam es auch im Laufe der Jahre, dass bei den großen Spielen sehr oft Basti und ich für die Kommentatoren-Rolle eingeteilt wurden. Das war in entscheidenden Playoff-Spielen ebenso der Fall wie bei den Freiluftspielen in Budapest oder beim legendären Winter-Classic in Klagenfurt inklusive angebohrter Kühlleitung, als wir gemeinsam mit der gesamten Crew eine rund 50 Minuten dauernde Unterbrechung ohne irgendeine Vorbereitung überbrücken mussten – nein: überbrücken durften.
Aber da sind wir auch beim Punkt. Basti Schwele ist zweifelsohne ein Fachmann, er ist spontan und er ist witzig. Aber Basti Schwele ist vor allem eines: Er ist immer perfekt vorbereitet.
Man sieht ihm die Arbeit nicht an, die er in jedes einzelne Spiel vorab investiert. Man sieht nur den lockeren Output. Aber ich darf versichern, dass ich selten Menschen derart perfekt und allumfassend für eine Sache präpariert gesehen habe, wie Basti.
Selbst gewisse Jubelschreie, die oft jahrelang noch durch unsere Wohnzimmer hallen oder bei youtube auf- und abgespielt werden, waren oftmals im Vorhinein schon wohl überlegt. Was würde hier passen? Was könnten wir heute zum Thema machen? Aber das Geniale an Basti ist, dass er es alle anderen (inklusive uns) nicht spüren lässt. Dass er auf den Punkt genau die vorbereiteten Dinge auch live raushaut.
Er verbindet perfekte Vorbereitung (das kann fast jeder machen) mit dem perfekten Timing, der perfekten Stimm- und Tonlage und der perfekten Begeisterung für den Hockeysport.
Und diese Emotionen transportierte er jahrelang in unseren Sendungen quer durch ganz Österreich.
Da müssen wir dann sowieso nochmals zurück zum Freiluftspiel nach Budapest gehen. Fehervar gegen Klagenfurt, aufbereitet in einem eigens erbauten Freiluftstadion mitten im Stadtpark der ungarischen Hauptstadt, mit Blick auf die Vajdahunyad-Burg. Dezember 2013. Richtig, richtig kalter Dezember in Ungarn.
Auch damals war das Vorbereitungs-Monster Schwele nicht untätig gewesen. Aber zuerst mussten die technischen Proben abgewickelt werden. Und die dauerten und dauerten und dauerten. Basti und ich saßen ganz ganz oben ohne Windschutz und fingen (mit offenen Mikros einfach mal zum Quatschen an, während im Ü-Wagen die technischen Probleme behoben werden mussten. Und wir redeten und redeten und machten uns über alles lustig – inklusive Gary Venner und Constanze Weiss, die im ebenfalls freiluftigen Studio froren. Vom LDS (Leiter der Sendung) kam schon die Bitte, wir mögen endlich mal die Pa … – also zu reden aufhören, denn sie hatten Angst, wir würden unser ganzes Pulver bereits vor der Sendung verschießen.

Wir widersetzten uns natürlich diesem Ersuchen und unterhielten – ähnlich wie später beim Winter Classic in Klagenfurt – nur halt damals ohne viele ZuhörerInnen) die SHN-Crew den gesamten Nachmittag. Und Basti erzählte immer wieder von diesem sensationellen Buch über einen rumänisch-ungarischen Eishockeytorhüter, der sich aber weniger durch seine sportlichen Leistungen, sondern vielmehr durch seinen Nebenjob als Bankräuber und Schmuggler einen Namen gemacht hatte. „Die Ballade vom Whiskeyräuber“ von Julian Rubinstein ist absolut empfehlenswert, wenn auch wirklich schwer zu bekommen.
Wer kannte dieses Buch davor? Niemand. Ich hatte es auch kurz nach der Sendung schon wieder vergessen, ehe es mir meine Eltern, die wieder einmal gut zugehört hatten, zu Weihnachten schenkten. Aber das ist Basti Schwele.
Er bringt die Geschichten, die sonst niemand hat, er versteht es auch an Insider-Infos zu kommen, sprich das Vertrauen der Spieler und Funktionäre zu erlangen wie kaum ein zweiter.
Ohne dabei schleimen zu müssen, sondern mit einer Mischung aus respektvollem, aber auch selbstbewussten Auftreten gegenüber den Protagonisten. Und diese Leute wissen auch, dass er journalistisch seriös auftritt und Geschichten, die „unter vier Augen“ erzählt wurden, zwar nicht geheim hält, aber auch keinesfalls seine Quellen verraten würde, wenn diese es nicht wünschten.
Basti Schwele ist ein Star unter den deutschsprachigen Eishockey-Kommentatoren und ist sich dessen auch bewusst. Er tritt dementsprechend kraftvoll auf und nimmt oftmals die Rolle des Alpha-Tierchens ein.
Dass dies in einem Riesen-Team wie der SHN-Crew nicht immer nur zu Freundschaften führt, hat mir, der ich sowohl mit ihm als auch mit anderen KollegInnen fast ausnahmslos gut ausgekommen bin, manchmal doch auch weh getan. Letzten Endes verließ auch Basti vor rund zwei Jahren die Redaktion – aber er wird ebenfalls für immer als eines der Gesichter und vor allem als eine der Stimmen der SHN in Erinnerung bleiben.
Und ich? Ich sage danke, dass ich für so viele Jahre sein österreichischer Rick Goldmann sein durfte.

